Penetrationswege: Wie kommen Wirkstoffe in die Haut?
Wenn wir über Kosmetik sprechen, setzen wir voraus, daß die Kosmetikprodukte dort ihre Wirkung entfalten, wo wir es benötigen. Es gibt Kosmetikprodukte, die sich auf die Hautoberfläche legen, um dort zu wirken und die Haut zu schützen. Die meisten Produkte sollen allerdings in die Haut einziehen und dort in der Tiefe positiv auf unsere Zellen und Haut wirken. In der Fachsprache sprechen wir von der Penetration der Kosmetik in unsere Haut.
Im aktuellen Artikel habe ich mich entsprechend mit den Fragen beschäftigt: Wie gelangen Kosmetikprodukte und ihre Wirkstoffe in unsere Haut? Welche Einflussfaktoren auf die Penetration gibt es und können wir etwas tun, um die Penetration in die Haut zu verbessern?
Unsere Haut: Aufbau und Funktionen
Um die Penetrationswege in die Haut besser zu nachvollziehen zu können, ist ein grundlegendes Verständnis für den Hautaufbau wichtig.
Unsere Haut ist das größte Organ, welches wir besitzen. Sie hat eine Fläche von ca. 2m2. Unser Gesicht zum Beispiel hat eine Oberfläche von ca. 630-850 cm2, dies entspricht einem DINA 4 Blatt. Unsere Haut macht ca. 16 % des Körpergewichts aus. Das sind durchschnittlich ca. 8 kg.
Sie besteht aus drei Hautschichten: Epidermis, Dermis und Subkutis.
Die Epidermis ist die oberste Hautschicht. Sie grenzt unseren Organismus gegenüber der Umwelt ab und besteht wiederum aus mehreren Schichten. Hauptbestandteile der Epidermis sind u.a. Keratinozyten und epidermale Lipide. Die Keratinozyten, unsere Hautzellen, wandern innerhalb der Epidermis nach oben zur Hautoberfläche, differenzieren sich und flachen während dieses Prozesses zu Hornzellen, den Korneozyten, ab. Auf der Hautoberfläche liegen sie als abgestorbene Hornzellen vor. Dieser Prozeß, der Zell-turnover, dauert zwischen 28 und 60 Tagen, abhängig von unserem Alter.
Die Dermis ist die mittlere Hautschicht. Hier sind Kollagen- und Elastinfasern sowie Hyaluronsäure eingebettet. Diese Bestandteile stellen unser Bindegewebe dar und sind verantwortlich für unsere Hautalterung. Zudem haben wir in der Dermis apokrine und ekkrine Schweißdrüsen, Haarfollikel, Talgdrüsen sowie Blutgefäße und Nervenbahnen.
Die Subkutis, das Unterhautfettgewebe, variiert von Mensch zu Mensch in der Dicke und je nach Lokalisation. Sie schützt unsere Organe, Knochen und Muskeln.
Zu den Funktionen unserer Haut zählen Sinnesempfindungen, die thermische Regulation sowie Stoffwechsel- und Schutzfunktion.
Vor allem die Schutzfunktion ist für die Betrachtung der Penetrationswege von großer Bedeutung. Unsere Haut schützt uns vor chemischen Eindringlingen wie z.B. Reinigungsmitteln und bietet zudem einen physikalischen Schutz u.a. vor UV-Strahlen. Außerdem werden wir vor mechanischen Belastungen wie z.B. Verletzungen geschützt sowie vor dem Eindringen von Mikroorganismen. Diese Schutzfunktionen sind essentiell für eine gesunde Haut.
Unsere Haut wird durch die natürliche Hautschutzbarriere vor den äußeren Einflüssen und Eindringlingen geschützt. Diese besteht aus der äußersten Schicht der Epidermis, dem Stratum corneum. Das Stratum corneum gleicht im Aufbau einer Mauer und wird deshalb „Ziegelstein-Mörtel-Modell“ genannt. Die abgeflachten Korneozyten sind hier in epidermale, interzelluläre Lipide eingebettet. Diese interzellulären Lipide bestehen aus Ceramiden, freien Fettsäuren sowie Cholesterol und dessen Derivate. Die Schutzbarriere unserer Haut wird zusätzlich von unserem Hydrolipidfilm bedeckt.

Der Hydrolipidfilm – Wozu ist dieser da und woraus besteht er?
Der Hydrolipidfilm als Bestandteil des Stratum corneums, unserer oberster Hautschicht, besteht aus verschiedenen Komponenten. Bei einer gesunden Haut bildet sich der Hydrolipidfilm zum einen durch Fettsäuren. Unsere Haut scheidet regelmäßig Hautfette aus, welche durch bestimmte Bakterien auf der Haut in Fettsäuren umgewandelt werden. Zum anderen haben wir auf der Hautoberfläche Bakterien, die im Rahmen des Kohlehydratstoffwechsel, der sogenannten Glykolyse, Säuren bilden. Des Weiteren besteht der Hydrolipidfilm aus Talg, der über unsere Talgdrüsen an die Hautoberfläche ausgeschieden wird. Vereinfacht gesagt ist der Hydrolipidfilm eine Emulsion aus Wasser und Lipiden.
Der Hydrolipidfilm bedeckt die Oberfläche der Haut und wirkt als zusätzliche Barriere gegenüber Umwelteinflüssen. Der Wasseranteil im Hydrolipidfilm wird als Säureschutzmantel bezeichnet. Durch den Säureschutzmantel entsteht der leicht saure pH-Wert der Haut. Hier fühlen sich hautfreundliche Mikroorganismen, welche auch als Hautflora bezeichnet werden, wohl. Zudem werden schädliche Mikroorganismen gestoppt. Sie fühlen sich häufig in einem hautneutralen pH-Wert im leicht sauren Bereich nicht wohl.
Wie gelangen nun Wirkstoffe in die Haut?
Das Stratum corneum mit den Korneozyten und epidermalen Lipiden stellt eine der stärksten Barrieren in der Biologie dar. Um Wirkstoffe in unsere Haut zu schleusen, müssen sie bei einer gesunden Haut durch diese Barriere, bestehend aus dem Stratum corneum und Hydrolipidfilm, wandern.
Hierfür werden zwei Wege der Wirkstoffpermeation differenziert: die transepidermale und transfollikuläre Permeation.
Unter der transepidermalen Permeation wird das Eindringen von Wirkstoffen durch das Stratum corneum über zwei Wege bezeichnet: entweder transzellulär oder interzellulär.
Bei der transzellulären Permeation wandert der Wirkstoff durch die einzelnen Zellen und Zellwände hindurch. Vergleichbar ist dieser Prozeß damit, daß ich nicht durch die Tür in ein Haus gelange, sondern direkt durch die Mauer hindurch möchte.
Bei der interzellulären Permeation dagegen wandern Wirkstoffe durch den interzellulären Raum hindurch. Entsprechend wird hier der Weg des geringsten Widerstandes gewählt: neben den Zellen durch die interzellulare Substanz in die Tiefe der Haut. Um bei unserem Beispiel zu bleiben, nehmen die Wirkstoffe in diesem Fall die Tür.
Die transfollikuläre Permeation dagegen geschieht direkt über die Hautanhangsgebilde wie unsere Haarfollikel, Schweiß- und Talgdrüsen.
Die transzelluläre Permeation ist mit ca. 9 % Wirkstoff Permeation sehr unwahrscheinlich, da Wirkstoffe abwechselnd durch lipophile und hydrophile Schichten der Korneozyten penetrieren müssen. Die interzelluläre Permeation dagegen dient mit ca. 90 % Wirkstoff Permeation als Haupttransportweg, v.a. für kleinmolekulare Wirkstoffe, die hydrophil (Wasserliebend) und / oder lipophil (Fettliebend) zugleich sind. Die transfollikuläre Permeation durch die Hautanhangsgebilde ist eher selten auf Grund der geringen Fläche im Vergleich zur gesamten Haut.

Einflussfaktoren auf die Penetration in die Haut:
Die Permeabilität, also die Durchlässigkeit, des Stratum corneum hängt allerdings von verschiedenen Faktoren ab wie zum Beispiel der Dicke der Haut, der Dichtigkeit der Zellen und der intrazellulären Struktur. Außerdem spielen der Lipidgehalt und die molare Zusammensetzung, die Hydratation, unser Lebensalter, mögliche Verletzungen, pathologische Hautveränderungen und vor allem die Eigenschaften des Wirkstoffes eine große Rolle.
Wenn wir die Einflussfaktoren auf die Penetration kennen, können wir viel dazu beitragen, um die Penetration von Wirkstoffen und Kosmetik zu fördern.
Eigenschaften von Wirkstoffen zur gezielten Penetration
Die Eigenschaften der Wirkstoffe sind für eine gute Penetration in die Haut ausschlaggebend.
Die kosmetischen Wirkstoffe müssen das Stratum corneum durchdringen, um die Zellen und unteren Hautschichten zu erreichen. Generell können Wirkstoffe mit kleiner Molekülgröße und mit ausgewogenen hydrophilen und lipophilen Eigenschaften gut durch die Haut penetrieren. Wärme und Okklusion können die Penetration zusätzlich verbessern. Eine gute Wasserlöslichkeit des Wirkstoffes ist ebenfalls von Vorteil.
Allerdings kann eine große Anzahl von kosmetischen Wirkstoffen und Arzneistoffen nicht durch das Stratum corneum diffundieren.
Hier gibt es verschiedene Möglichkeiten, die Penetration von Wirkstoffen zu verbessern:
- Wir können den Produkten bestimmte Hilfsstoffen zur Förderung der Penetration hinzufügen.
- Der Wirkstoff kann in einem Vehikel in die Haut transportiert werden.
- Wir können kosmetische Behandlungen durchführen, die die Hautstruktur aufbrechen und dadurch die Penetration verbessern.
- Zusatz von bestimmten Hilfsstoffen zur Förderung der Penetration:
Durch die Erhöhung der Wirkstofflöslichkeit wird der Transport durch die Hautbarriere erleichtert. Dies fördert eine bessere Wirksamkeit oder tiefere Penetration in die Haut. Hilfsstoffe können z.B. sein: Propylenglycol, Ethanol, verschiedene Esterprodukte, Feuchthaltemittel (Urea), Triglyceride und Fettsäuren. Diese Substanzen können ins Stratum corneum penetrieren und lipophile Substanzen im gelösten Zustand mittransportieren. Die Wirkstofflöslichkeit wird dadurch im lipophilen Bereich des Stratum corneum gesteigert. Dies geschieht durch die Erhöhung der Hydratation des Stratum corneum oder durch die Desorganisation der Struktur.
- Transport der Wirkstoffe in einem Vehikel:
Um den Transport der Wirkstoffe in die Haut zu verbessern, bietet sich die Möglichkeit von Vehikeln z.B. von Liposomen, an. Wirkstoffe werden in Liposomen verkapselt und somit leichter und tiefer in die Haut geschleust. Die Hülle dieser kleinen Vesikel besteht aus einer Lipiddoppelschicht, ähnlich der Zellmembran. Die Moleküle der Lipiddoppelschicht haben sowohl einen lipophilen als auch einen hydrophilen Teil, entsprechend haben sie einen amphiphilen Charakter. Die Lipiddoppelschicht schließt eine wäßrige Phase ein. Liposome sind strukturell von Mizellen zu unterscheiden.
- Kosmetische Behandlungen, die die Hautstruktur aufbrechen und dadurch die Penetration verbessern:
Mittels verschiedener kosmetischer Behandlungen haben wir außerdem die Möglichkeit, die Haut für Wirkstoffe aufnahmebereiter zu machen. Hier können z.B. Lösungsmittel in Form von chemischen Peelings helfen. Sie brechen die Hautstruktur auf und lösen Lipide aus der Hornschicht. Die Keratinstruktur in den Korneozyten wird dadurch gelockert. Allerdings ist das Risiko einer Schädigung der Hautstruktur gegeben. Durch zu aggressive Peelings oder fehlende Erfahrung der Kosmetikerin kann der Transepidermale Wasserverlust erhöht und die Hautbarriere gestört werden.

Beispiele für Wirkstoffe mit unterschiedlich gutem Penetrationsvermögen:
Je nach Eigenschaften können Wirkstoffe unterschiedlich gut in die Haut penetrieren.
I. Hyaluronsäure (INCI: Hyaluronic acid):
Hyaluronsäure zählt zu den Mucopolysacchariden und ist ein Bestandteil unseres Bindegewebes.
Sie hat ein extrem hohes Wasserbindevermögen und kann bis zum 6000-fachen ihrer Masse an Wasser aufnehmen.
In der Kosmetik werden drei Arten von Hyaluronsäure eingesetzt:
- Hochmolekulare Hyaluronsäure (INCI: Sodium Hyaluronate)
Mit einer Molekülmasse von 1500 kD und größer zählt sie zu den „großen“ Hyaluronsäuren. Dadurch kann sie die Hautbarriere nicht penetrieren und wirkt nur kurzfristig auf der Hautoberfläche. Dort bildet sie einen feuchtigkeitsspendenden Film und wirkt entzündungshemmend und optisch glättend.
- Niedermolekulare Hyaluronsäure (INCI: Sodium Hyaluronate)
Mit einer Molekülmasse von 50 kD und kleiner kann sie die Haut durchdringen und wirkt langfristig in der Epidermis. Sie wird im Bindegewebe der Haut gespeichert und hat eine nachhaltige aufpolsternde Wirkung.
- Oligohyaluronsäure: die kleinste Hyaluronsäure (INCI: Sodium Hyaluronate)
Mit einer Molekülmasse von 3 kD und kleiner ist sie die „kleinste“ Hyaluronsäure und wirkt langfristig in der Tiefe der Haut. Auch die Oligohyaluronsäure wird im Bindegewebe der Haut gespeichert und hat eine nachhaltige aufpolsternde Anti-Falten-Wirkung.
II. Natürliche Feuchthalte-Faktoren NFF
Die Internationale Bezeichnung lautet „natural moisturizing factor“ (NMF). Dies sind körpereigene Substanzen (Aminosäuren), die sich in die Hornschicht der Haut einlagern. Dort binden sie die von den Schweißdrüsen ausgeschiedene Feuchtigkeit im Hydrolipidfilm und in der Epidermis.
Wenn Sie fehlen, wird das Stratum corneum ausgetrocknet, die Haut wird rauh und rissig. Die NFF sind sehr empfindlich und werden schnell zerstört. Allerdings können sie als Bestandteil kosmetischer Feuchtigkeitspräparate von außen wirksam zugeführt werden. Dafür müssen die NMF leicht hygroskopisch sein und leicht quellend wirken. Beispiele hierfür sind Harnstoff, Milchsäure und Mineralionen.
III. Ceramide (INCI: Glycosphingolipids, Glykosphingolipide, Ceramide, Glycolipids)
Ceramide sind besondere Lipide, die innerhalb und außerhalb von pflanzlichen, tierischen und menschlichen Zellen vorkommen. Sie sind als Hautlipide im Stratum corneum zu finden.
Ceramide bilden eine natürliche Schutzbarriere in der Hornschicht der Haut und dienen als Bausubstanz der Zellmembran. Sie verringern den TEWL (transepidermaler Wasserverlust) und schützen die Haut vor dem Eindringen von Fremdstoffen. Nachweislich wird eine geschädigte Haut durch Ceramide verbessert.

Zusammenfassung:
Wir benutzen Kosmetikprodukte, weil wir uns davon eine gewisse Wirkung und Verbesserung unserer Haut versprechen. Hierfür müssen viele Kosmetikprodukte und Wirkstoffe allerdings in die Haut einziehen, um dort in der Tiefe der obersten Hautschicht, der Epidermis, wirken zu können. Die Penetration von Wirkstoffen in die Haut kann über verschiedene Wege erfolgen.
Wie gut ein Wirkstoff in die Haut penetriert, hängt zudem von vielen Komponenten der Haut sowie des Wirkstoffes als solches ab.
Wenn wir die Penetrationswege in die Haut sowie die Einflussfaktoren darauf kennen, können wir mit kosmetischen Behandlungen sowie mit gezielten Produkten und entsprechenden Wirkstoffen nachhelfen. Dies kann die Wirkstoffpenetration dauerhaft begünstigen und die Wirkung in der Haut verbessern.