Männer und Kosmetik: der Beginn einer großen Liebe?
Das Thema Kosmetik und Hautpflege gewinnt langsam, aber stetig auch bei Männern an Bedeutung. Das spüre ich persönlich sowohl im beruflichen als auch im privaten Kontext. Die Anzahl der Pflegeserien extra für den Mann wird langsam mehr im Kosmetikregal der Parfümerien und Drogerien.
Vor allem die Pflege rund um den Bart sowie die Barbershops sind ein großer Trend und haben hier sehr viel für das Pflegebewußtsein des Mannes getan. Hier erleben auch Männer ihre me-time und lassen sich verwöhnen. Durch diesen positiven Effekt und dadurch, dass die Barbershops und Bartpflege Produkte ein sehr „männliches“ Image vermitteln, greifen zunehmend mehr Männer zu Gesichts- und Körperpflege.
Aktuell lassen sich Männer in Bezug auf Kosmetik in drei Gruppen differenzieren:
- Die Männer, die keine Kosmetik benutzen und auch keine Notwendigkeit darin sehen.
- Männer, die ab und an in den Cremetiegel ihrer Partnerin greifen, sich aber noch nicht so richtig trauen oder wollen. Sie sind allerdings zunehmend an Kosmetikprodukten interessiert.
- Die dritte Gruppe pflegt sich regelmäßig mit Kosmetikprodukten und ist sehr interessiert an gezielter Hautpflege und teilweise auch offen für ästhetische Behandlungen.
Bevor ich darüber schreibe, welche Pflegeprodukte bei Männern besonders geeignet sind und welche nicht, stellt sich die Frage: ist die Haut der Männer genau wie unsere oder gibt es hier Unterschiede, die wir berücksichtigen sollten?
Männerhaut: ist sie wirklich anders?
Auch wenn Frauen und Männer sich in vielen Aspekten ähneln und ihr Organismus gleich aufgebaut ist, so gibt es doch zwei wesentliche Unterschiede in Bezug auf die Haut:
- Männer verfügen über mehr Kollagenfasern in der Haut, wodurch diese robuster und straffer ist.
- Testosteron beeinflußt die Haut und die Talgdrüsen-Aktivität, wodurch die Haut grundlegend fettiger ist. Entsprechend altert die Haut der Männer anders als die der Frauen.
Bedingt durch den höheren Anteil an Kollagen und Bindegewebe in ihrer Haut ist diese fester und bleibt länger straff. Die Kollagenfasern liegen bei Männern zudem vernetzt im Bindegewebe vor, wodurch sie über ein vielfaches an Stabilität verfügt. Dadurch ist Cellulite bei Männern zwar möglich, kommt aber eher selten vor. Männer haben weniger Fettdepots unter der Haut und ihre Haut ist 15-20% dicker.
Männer neigen allerdings mehr zu fettiger und unreiner Haut. Ihre Haut produziert mehr Talg, welcher v.a. aus Fettsäuren und Triglyceriden besteht. Unser Talgproduktion wird durch Östrogene (weibliche Geschlechtshormone) und Androgene (männliche Geschlechtshormone) gesteuert. Vor allem die männlichen Hormone sind für die erhöhte Talgproduktion verantwortlich. Dadurch ist Männerhaut einerseits eher großporig und fettig und es kommt häufiger zu kleinen Entzündungen. Andererseits ist die Haut durch den Talg geschmeidiger, nicht so schnell trocken und sehr gut vor Keimen geschützt.
Die Hautalterung verläuft bei Männern ebenfalls anders als bei Frauen. Männliche Haut ist bedingt durch die Hormone und die erhöhte Talgproduktion nicht so schnell trocken und bildet erst später erste kleine Fältchen aus. Die Hautalterung verläuft bei Männern im Vergleich zu Frauen entsprechend verzögert und tritt später auf. Ab Mitte Vierzig bilden Männer in der Regel die ersten Fältchen aus, die sich dann allerdings zu größeren Falten und Furchen entwickeln können. Bei Frauen setzen die ersten Anzeichen der Hautalterung wesentlich früher ein, ihre Haut ist üblicherweise trockener und weist eine geringere Talgproduktion auf. Kleine Fältchen entwickeln sich langsam zu größeren Falten. Allerdings sind hier die Ausprägungen üblicherweise nicht so stark wie bei den Männern.
Ausserdem kann durch die regelmäßige Rasur die Hautalterung bei Männern begünstigt werden. Bei jeder Rasur können Mikroverletzungen in der Hautschutzbarriere entstehen. Eine geschädigte Hautschutzbarriere fördert wiederum den Alterungsprozess der Haut sowie das Eindringen von Keimen.
Eine Studie der Universität Hamburg, Institut für Kosmetikwissenschaften, hat den Hautalterungsprozess von Frauen und Männern in verschiedenen Altersstufen (20 bis 75 Jahre) untersucht und ist zu dem Schluß gekommen: die weibliche Hautalterung beginnt zwar früher, verläuft allerdings langsamer und weniger ausgeprägt. Im Vergleich setzt die Hautalterung bei Männern durch die erhöhte Talgproduktion später ein, ist dann aber ausgeprägter in ihren charakteristischen Merkmalen (Mechanical properties of human skin in vivo: a comparative evaluation in 300 men and women. Stefanie Lübberding, Nils Krüger, Martina Kerscher, Skin Research and Technology 20, 127-135 (2014).

Warum pflegen Männer sich anders?
Viele Männer mögen das Gefühl von Creme auf der Haut überhaupt nicht. Im Gegensatz zu den meisten Frauen, die ein frisch eingecremtes Gesicht sehr mögen und sich dadurch gepflegt und geschützt fühlen. Für Männer soll Kosmetik vor allem schnell, einfach und unkompliziert in der Handhabung und effektiv in der Wirkung sein. Die meisten Männer mögen keine ausgiebigen Pflegerituale und Zeremonien. Entsprechend bevorzugen viele Männer die sogenannten 2 in 1 oder 3 in 1 Produkte: ein Produkt deckt die Anwendung und Wirkung von zwei bis drei Produkten ab. Hier sind z.B. Duschgele für Haut und Haar, die Shampoo und Conditioner ersetzen, zu nennen. Ebenso Gesichtsreinigungsprodukte, die die Haut schnell reinigen, peelen und erfrischen, sind sehr gefragt bei Männern.
Im Bereich Pflege bevorzugen Männer vor allem sehr leichte Texturen wie z.B. Gele, Fluids oder Lotionen. Zudem sollte die Wirkung spürbar sein: Kosmetik darf im Gesicht, vor allem nach der Rasur, leicht prickeln und brennen und z.B. eine Augenpflege darf gerne kühlend und erfrischend wirken. Als letzter wichtiger Punkt ist der Duft der Kosmetikprodukte ausschlaggebend. Die meisten Männer mögen keine weiblichen, blumigen und süßen Düfte in ihrer Kosmetik. Männer bevorzugen bei Reinigungsprodukten frische Düfte und bei Pflegeprodukten männliche oder sehr neutrale Düfte.

Welche Kosmetikprodukte sind besonders für die Männerhaut geeignet?
Auf Grund der unterschiedlichen Hautbeschaffenheit sollten Männer nicht die Kosmetik ihrer Partnerin benutzen. Diese kann schnell zu reichhaltig sein und dadurch die Talgproduktion noch mehr anregen und Entzündungen hervorrufen. Hier sind vor allem leichte, feuchtigkeitsspendende Pflegeprodukte zu empfehlen. Wirkstoffe wie Hyaluronsäure, Urea, bestimmte Algen und Moose sind gut geeignet. Je nach Pflegebedürfnis und Jahreszeit kann ein Feuchtigkeitsserum als Pflege auch schon mal ausreichend sein.
Zudem sollten die Kosmetikprodukte hydratisierende und pflegende pflanzliche Öle wie z.B. Jojoba Öl enthalten. Um etwas gegen die erhöhte Talgproduktion und den Fettgehalt der Haut zu unternehmen, eignen sich Wirkstoffe wie z.B. Salizylsäure, Vitamin C und bei pflegegewohnter Haut Retinol. Auch bei Männern gilt: die Kosmetik sollte auf das Pflegebedürfnis abgestimmt sein und ohne eine milde, aber gründliche Gesichtsreinigung kann die tollste Gesichtspflege ihre Wirkung und ihr Potential nicht entfalten.

Zusammenfassung:
Auch wenn Männer und Frauen sich in vielen Aspekten sehr ähneln, so ist ihre Haut unterschiedlich in Bezug auf die Talgproduktion, den Kollagengehalt und die Hautalterung. Entsprechend sollte die Pflege für Männer auf die Bedürfnisse angepasst sein. Um eine erste kleine Verliebtheit zu bewirken, dürfen Männer sehr gerne die Creme ihrer Frauen mopsen. Allerdings auf Dauer sollten sie ihre eigenen, „männlichen“ Pflegeprodukte verwenden. Dann kann daraus eine lebenslange Liebe mit gepflegter, schöner Haut entstehen.